Auf und ab der Weimarer Demokratie

Wie hat sich die Weimarer Demokratie von 1918 bis 1933 vor Ort in Wetzlar dargestellt? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Ausstellung des Historischen Archivs der Stadt Wetzlar, die jetzt im Alten Rathaus eröffnet wurde. In zwei Vitrinen werden Fotos, Titelseiten der heimischen Presse, Protokolle des Stadtparlaments, Flugblätter und Wahlwerbung gezeigt.

Manches dokumentiert anschaulich, wie tiefgreifend sich das Auf und Ab der Weimarer Demokratie auch in der mittelhessischen Provinz widerspiegelte. So gibt es ein Flugblatt, das im November 1918 zum revolutionären Aufmarsch auf dem Domplatz aufruft. Nicht nur in Großstädten, auch in Wetzlar und in den umliegenden Dörfern habe es nach dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Soldaten-, Arbeiter- und Bauernräte gegeben, berichtete Archivleiterin Dr. Irene Jung. Schwer war Wetzlar auch von der Inflation betroffen: Ein Foto zeigt Plünderungen am Eisenmarkt 1923. Auch Notgeld aus Wetzlar, das die Zeit der galoppierenden Inflation überbrücken sollte, ist zu sehen. Ein Stück demokratischer Normalität zeigt die Wahlwerbung der Parteien in Wetzlar zur Reichstagswahl 1919. Auch um die Stimmen der Frauen, die erstmals wählen durften, wurde intensiv geworben. Das Ergebnis der letzten freien Reichstagswahl 1932 habe der NSDAP in Wetzlar 28,9 Prozent gebracht, was deutlich unter dem Durchschnitt gewesen sei, so Jung.

 

Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) erinnerte im Rahmen seiner Eröffnung daran, dass die Weimarer Verfassung in vieler Hinsicht fortschrittlich gewesen sei und nicht nur ausgehend von ihren „Konstruktionsfehlern“, die in der Anwendung durch dem greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die Machtübertragung auf die Nationalsozialisten ermöglichten. So habe die Weimarer Reichsverfassung nicht nur, zum ersten Mal festgelegt, dass alle Macht vom Volke ausgehe. Auch Verfassungsartikel, wie die Aussage zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der Ehe, der von Stand und Religionsbekenntnis der Eltern unabhängige Zugang von Kindern zu Bildungseinrichtungen oder die Regelung, dass die Ordnung der Wirtschaft den Grundsätzen der Gerechtigkeit und dem Ziel des menschenwürdigen Daseins für alle entsprechen muss, seien sehr fortschrittlich und weitsichtig gewesen.

 

Die Ausstellung ist bis zum 31. August montags bis Donnerstag von 8 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr geöffnet.