Stadt möchte Klarheit über Möbelsammlung

Die Stadt Wetzlar lässt den gesamten Bestand der Kunstsammlung Lemmers-Danforth für europäische Wohnkultur im Palais Papius auf ihre Herkunft überprüfen.

 

Sie hat dazu den Kunsthistoriker und Provenienzforscher Dr. Udo Felbinger beauftragt, der diese Aufgabe in einem 18-monatigen Werkvertrag erfüllen wird, teilten Kulturdezernent Jörg Kratkey (SPD) und Museumsleiterin Dr. Anja Eichler jetzt mit.

Felbinger hat Erfahrung in der Provenienzforschung und u.a. auch an der Erforschung der Gurlitt-Sammlung mitgearbeitet. Hintergrund ist, dass es in den vergangenen Jahren bei einigen Stücken der Sammlung Rückgabeforderungen von Alteigentümern oder deren Erben gab, weil sie den ursprünglichen jüdischen Eigentümern zwischen 1933 und 1945 zu Unrecht entzogen worden waren und damit als „NS-Raubkunst“ einzustufen sind. Von zehn Rückgabeforderungen hatten sich sechs Fälle als stichhaltig erwiesen und zur Rückgabe geführt. Zuletzt waren im September 2017 zwei Stifterscheiben an die Alteigentümer in den USA zurückgegeben worden.

 

Suche nach möglicher "NS-Raubkunst"

 

Die Stadt möchte nun Klarheit über die gesamte Sammlung, so Kulturdezernent Kratkey, da die Herkunftsnachweise der ursprünglichen Privatsammlung lückenhaft seien. Finanziell gefördert wird die Untersuchung von der Stiftung Deutsches Zentrum für Kulturgutverluste.

 

Kein Vorwurf an die Sammlerin Lemmers-Danforth

 

Mit der Provenienzforschung sei keinerlei Vorwurf an die Sammlerin, die Kinderärztin Irmgard von Lemmers-Danforth (1892-1984), verbunden, betonte Kratkey. Es gebe keinen Zweifel, dass sie die Stücke in gutem Glauben erworben habe. Dennoch könne es sein, dass sie zuvor vom nationalsozialistischen Staat zu Unrecht enteignet worden seien. Bisher habe man bei Rückgabeforderungen Einzelexpertisen anfertigen lassen, mit der kompletten Untersuchung wolle man nun aktiv statt reaktiv tätig werden und vollständige Transparenz schaffen. Museumsleiterin Eichler erläuterte, dass in vergleichbaren Sammlungen etwa bei fünf Prozent der Exponate eine Einstufung als „NS-Raubkunst“ erfolgt sei.

 

Udo Felbinger untersucht die Objekte

 

Forscher Felbinger sagte, dass er sich zunächst auf die Objekte konzentrieren wolle, die vor 1945 gekauft worden seien. Er werde historische Auktionskataloge durchsuchen, den Frankfurter Kunstmarkt betrachten und auch das Kunsthistorische Dokumentationszentrum in Den Haag einbeziehen. Die Sammlung Lemmers-Danforth umfasst 435 Exponate, davon 160 Möbelstücke, acht Bodenstanduhren, 21 Goldschmiedeobjekte, 14 Gemälde, 14 Skulpturen, 124 Keramiken und sieben Wandteppiche aus vier Jahrhunderten. Die Stadt Wetzlar hatte die private Sammlung nach dem Tod der Sammlerin in den Bestand der Städtischen Museen übernommen. Bei nachgewiesener fragwürdiger Herkunft werde der Kontakt zu den Alteigentümern gesucht, so Dezernent Kratkey, oder es erfolge eine Einstellung in die „Lost-Art-Datenbank“.

Wollen die Herkunft der Exponate im Palais Papius klären: v.l. Kulturdezernent Jörg Kratkey, Museumsleiterin Dr. Anja Eichler und Provenienzforscher Dr. Udo Felbinger (Foto und Text: Stadt Wetzlar)