Einigung zu verkaufsoffenen Sonntagen

Die Stadt Wetzlar, das Stadt-Marketing Wetzlar und die von Kirchen und Gewerkschaften gebildete „Allianz für den freien Sonntag“ haben sich auf die Umsetzung des Sonntagsschutzes in Bezug auf die Verkaufsöffnungen in Wetzlar geeinigt.

Nach drei Gesprächsrunden, die in einer von gegenseitigem Respekt getragenen Atmosphäre stattgefunden haben, wurden folgende Ergebnisse erzielt: In Wetzlar finden künftig drei verkaufsoffene Sonntag im Jahr statt, zu den Anlässen Frühlingserwachen, Brückenfest und Gallusmarkt. Auf die Sonntagsöffnung zum Weinfest wird künftig verzichtet. Der Genehmigungsbereich für die Ladenöffnung wird eng auf die räumliche Nähe zum Marktgeschehen in der Kernstadt und im Stadtteil Dutenhofen beschränkt.

 

Die Vereinbarung trägt einer geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2015 Rechnung. Demnach muss der Anlass einer Sonntagsöffnung wie z.B. eine Messe, ein Markt oder ein Fest selbst für den Sonntag prägend sein und für sich betrachtet mehr Besucher anziehen als der verkaufsoffene Sonntag allein.

 

Seitens der Allianz wurde die konstruktive Vorgehensweise der Stadt Wetzlar und des Stadt-Marketing Wetzlar gewürdigt, ebenso, dass dem Sonntagsschutz genüge getan wird. Dieser umfasst laut Bundesverfassungsgericht neben der religiös-christlichen auch eine weltlich-soziale Bedeutung. Mit der Gewährleistung rhythmisch wiederkehrender Tage der Arbeitsruhe werde nicht nur das Sozialstaatsprinzip konkretisiert, sondern auch eine spürbare Grenze gegenüber dem ökonomischen Nutzendenken gezogen. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer durchbreche grundsätzlich diese Grenze. Den staatlichen Institutionen sei der Auftrag erteilt, genau dies zu verhindern.

 

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben sich beide Seiten auf ein gemeinsames Verfahren verständigt: Die Stadt gibt die Termine jeweils frühzeitig bekannt und wird der „Allianz für den freien Sonntag“ im Rahmen des Beteiligungsverfahrens alle Unterlagen (Pläne, Programm etc.) zur Verfügung stellen. Um die Ernsthaftigkeit des eingeschlagenen gemeinsamen Weges zu unterstreichen haben sich die am Verfahren Beteiligten darauf verständigt, dass, wenn nicht anders gewünscht, jeweils am Jahresende (nach dem Gallusmarkt) ein Reflexionsgespräch stattfinden wird.

Um Fragen des Sonntagsschutzes und sozial-ethische Gesichtspunkte frühzeitig in die Diskussion einzubeziehen, nehmen die Domgemeinden das Angebot des Stadt-Marketings Wetzlar an und entsenden künftig einen kooptierten Vertreter in den Vorstand der Organisation. Diese Aufgabe wird der evangelische Pfarrer des Dombezirks, Björn Heymer, wahrnehmen.

 

„Ich begrüße es, dass wir in Wetzlar einen Konsens erzielen und damit eine aufreibende Konfrontation verhindern konnten“, erklärt Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD). So sei es gelungen, auf der Grundlage des geltenden Rechts eine Balance zwischen dem Sonntagsschutz auf der einen und der Urbanität der Stadt auf der anderen Seite herbeizuführen, die allen Beteiligten ein hohes Maß an Planungssicherheit gebe und zugleich die in Wetzlar geübte Kultur des Miteinanders bestärke. Prof. Jan Freidank als Vorsitzender des Stadt-Marketing Wetzlar legt sein Augenmerk auf die zukünftige Entwicklung: „Wir freuen uns auf die vor uns liegende Zusammenarbeit, insbesondere auch auf die gemeinsame positive Weiterentwicklung der Veranstaltungen des Stadt-Marketing Wetzlar“.

 

Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Wetzlar, Jörg Süß, begrüßt es, „dass der Ruhe, die Gott den Menschen im Gebot vorgibt, weil er selbst nach getaner Arbeit am Sabbat geruht hat, durch die künftige Zusammenarbeit mehr Geltung verschafft wird.“ Der mittelhessische Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Matthias Körner, sieht den im Sonntagsschutz verankerten Grundgedanken, dass das menschliche Miteinander der Ökonomie vorzugehen habe und den Arbeitszeitschutz für die Arbeitnehmer im Einzelhandel, gestärkt.

 

In mehreren hessischen Städten, darunter Gießen, waren verkaufsoffene Sonntage in den letzten Monaten zum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden und wurden zum Teil kurzfristig untersagt. Laut Hessischem Ladenöffnungsgesetz sind bis zu vier Ausnahmen für verkaufsoffene Sonntage pro Jahr möglich.

 

Bild: pixabay.de / Text: Pressemitteilung Stadt Wetzlar.

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