Gegen das Vergessen:                                       Gunter Demnig verlegt weitere Stolpersteine

Mehr als 50.000 Stolpersteine gegen das Vergessen hat der Künstler Gunter Demnig in 1.300 Orten in 19 europäischen Ländern, so jüngst auch in Griechenland, verlegt. Den im Jahr 2009 in Wetzlar eingelassenen sechs Stolpersteinen wurden jetzt 19 weitere Steine hinzugefügt.

Der Verlegung der Steine ging eine Gedenkfeier voraus, zu der Wetzlars Oberbürgermeister Wolfram Dette mehr als 80 Interessierte, darunter Stolpersteinpaten und Studierende des Hessenkollegs in Wetzlar, aber auch Kommunalpolitiker, Vertreter der Kirchen und Repräsentanten des Geschichtsvereins begrüßen konnte.

 

Bürgermeister Manfred Wagner, der als Stadtverordneter seinerzeit die Initiative zur Verlegung der Steine ergriffen hatte,  wies in seinen Worten auf den Diskussionsprozess hin, der der ersten Stolpersteinverlegung in den städtischen Gremien vorausgegangen war. Konnten 2009 nur für die Opfer Steine verlegt werden, für die Angehörige zu ermitteln waren und die wiederum der Verlegung zustimmten, so habe das Stadtparlament im Herbst 2013 beschlossen, auch für die Opfer Steine zu verlegen, für die kein Nachfahre oder Angehöriger mehr sprechen können.

 

So wie das „Stolpern“ über die Steine, auf die man in den Straßen der Stadt trifft, Nachdenken und Diskussion auslöst, so war auch der Entscheidungsprozess des Wetzlarer Stadtparlaments von Für und Wider gekennzeichnet. Stolpersteine sind aber nicht als ein Herabsetzen anderer Formen des Erinnerns an die Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes zu verstehen, sondern als eine Ergänzung der Erinnerungskultur, die Menschen auf anderen Wegen erreicht, als manche Gedenkstädte oder Dokumentation, betonte der Bürgermeister.

 

Stolpersteine mahnen und fordern uns alle heraus, alles dafür zu tun, damit sich die schrecklichen, menschenverachtenden Ereignisse der dunkelsten Stunden deutscher Geschichte nicht wiederholen. Das ist zunehmend wichtig, zumal unsere Kinder und Enkelkinder kaum noch mit Zeitzeugen in Kontakt kommen, die aus eigener Betroffenheit über die Gräueltaten des NS-Regimes berichten können.

 

Stolpersteine sind nach Ansicht des Wetzlarer Bürgermeisters aber gerade auch in der Gegenwart sehr wichtig. Schließlich kommen in diesen Wochen viele Menschen nach Europa und in unser Land, die vor Krieg und Gewalt, vor Folter und Unterdrückung und aus nackter Angst um das eigene Überleben ihre Heimat verlassen und Schutz bei uns suchen. Auch wenn die Aufnahme- und Hilfsbereitschaft in Deutschland überwiegt, so stimmen doch Meldungen über Angriffe auf einzelne Unterkünfte und die oftmals dahinterliegende Absicht, dass auch Menschen zu Schaden kommen können, mehr als traurig.

Neben Stolpersteinen für deportierte und ermordete jüdische Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wetzlar konnte auch ein  Stein für eines der Opfer des organisierten Krankenmordes der Nationalsozialisten, der als Euthanasie bezeichnet wurde, verlegt werden. Rabbiner Andrew Steiman, Frankfurt, ließ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an seinen Gedanken teilhaben und sprach im Rahmen der einzelnen Steinverlegungen ein Gebet.  Frau Schaf von der Gedenkstätte in Hadamar rief das abschreckende und in erschreckender Form „durchorganisierte“ Krankenmordprogramm der Nationalsozialisten in Erinnerung. Es sei auch dadurch gekennzeichnet, dass viele betroffene Familien aus Scham lange verschwiegen, welches Schicksal ihre Angehörigen erleiden mussten. Umso wichtiger sei es, dass auch für diese Opfer Steine verlegt würden und sie damit auch einen Platz in der Mitte ihrer Stadt erhielten.

 

Abgerundet wurden die Stolpersteinverlegungen mit kurzen Lesungen und Hinweisen des Wetzlarer Autors Karsten Porezag, der sich mit seinen Recherchen und Publikationen  mit der jüngeren Stadtgeschichte befasst hat.  

 

Wetzlar ist mit diesen Stolpersteinen, die keinen Grabstein symbolisieren sondern einen Schlussstein darstellen, reicher geworden, betonte Wagner.

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Kommentare: 1
  • #1

    Doris Gabriel (Donnerstag, 02 Juni 2016 12:30)

    Stolperstein-Patenschaft
    Gabriel ludwig und Doris
    Forsthausstraße3
    35644 Hohenahr