In Würde leben - in Würde sterben:                   Volles Haus beim Wetzlarer Dialog der SPD

Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Saal in Tasch´s Wirtshaus, um mit der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese, SPD, in den Dialog über das Thema Sterbehilfe einzutreten. Bürgermeister Manfred Wagner begrüßte die nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete, die dem Bundestags-ausschuss für Arbeit und Soziales vorsteht und mit ihrer Fraktionskollegin Dr. Eva Högl ein Positions-papier zur aktuellen Diskussion um die gesetzliche Regelung der Sterbehilfe eingebracht hat.

Wagner wies darauf hin, dass der Bundestag im vergangenen Herbst mit einer „Orientierungsdebatte“ den Diskurs eröffnet habe und die Beschlussfassung über eine gesetzliche Regelung in der Frage der Sterbehilfe aller Voraussicht nach zum Ende des Jahres 2015 zu erwarten sei. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, dass die Abgeordneten mit den Menschen den Austausch in dieser Frage suchen. Dazu dient auch die Veranstaltung der Wetzlarer SPD.

 

Kerstin Griese machte in ihrem sehr engagierten Beitrag deutlich, dass es auch in Deutschland Vereine gebe, deren Zweck der Tod ist. Sie bieten die Dienstleistung „Sterbehilfe“ nicht nur unheilbar Kranken an, sondern auch Menschen, die den Mut zum Leben verloren haben, weil sie schwer depressiv oder einsam, behindert und alt sind. Bei einigen Vereinen bekommt man den Tod schneller, wenn man mehr zahlt. Ist das mit Menschenwürde und mit Humanität vereinbar? Ich meine Nein, so Kerstin Griese.

 

Was wir statt solcher „Sterbehilfevereine“ brauchen, ist eine bessere Versorgung mit Palliativmedizin. Wir brauchen mehr Hospize, in denen Sterbende mit berührender Fürsorge begleitet werden. Wenn Jeder die spezialisierte ambulante Palliativversorgung kennen und in Anspruch nehmen könnte, wäre der Ruf nach dem angeblich so schönen Tod in der Schweiz überflüssig, so die Sozialdemokratin, die zugleich mehr Sensibilität für psychisch Kranke einforderte. Denn die meisten Suizidwünsche haben diese Ursache. Betroffenen dürfen nicht einem Sterbeverein überlassen werden, sondern brauchen Hilfe. Und wenn alte und einsame Menschen sich den Tod wünschen, um ihren Enkeln „nicht zur Last zu fallen“, dann darf die Antwort der Gesellschaft darauf nicht die organisierte Beihilfe zum Suizid sein. Sondern es muss eine gesellschaftliche Anstrengung geben, damit Alter, Pflege und der Weg zum Sterben menschlicher werden. Kerstin Griese plädierte für eine sorgende Gesellschaft.

 

Selbstverständlich wollen Menschen über ihr Lebensende selbst bestimmen. Wir alle wollen möglichst schmerzfrei sterben können. Unsere Verwandten und Liebsten wollen und sollten wissen, wie wir über unser Lebensende denken, wenn wir nicht mehr selbst entscheiden können, betonte Griese. Das kann kein anonymer „Sterbehilfeverein“ ersetzen. Deshalb plädiere ich dafür, die Tätigkeit dieser Vereine zu unterbinden. Allerdings nicht mit dem scharfen Schwert des Strafrechts. Stattdessen sollte das Vereinsrecht angepasst werden und das Betäubungsmittelrecht restriktiver angelegt sein, um die Abgabe der todbringenden Medizin zu verhindern.

 

An der anschließenden, von der heimischen Bundestagsabgeordneten Dagmar Schmidt moderierten Diskussion beteiligten sich viele der Gäste, die ihre unterschiedlichsten Erfahrungen und Einschätzungen, sei es aus der Palliativmedizin, der haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit in der Hospizarbeit oder als Angehörige Schwerstkranker einbrachten. Dabei wurde deutlich, dass Menschen, denen die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit gestellt worden ist, ganz überwiegend Angst vor Leiden und Schmerzen haben und so nicht leben möchten. Ihnen helfe vielfach, dass man ihnen die Möglichkeiten der Palliativmedizin aufzeige und deutlich mache, dass auch auf diesem Wege und bei wachsenden Einschränkungen ein würdiges Leben und Sterben möglich ist.  

 

Ganz überwiegend teilten die Diskutanten die Einschätzung der Referentin, dass es daher statt großer Neuregelungen eigentlich eines vermittelnden Weges bedürfe, der durch das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe, den Ausbau der Palliativmedizin, die bessere Ausbildung der Ärzte, die Bestärkung der Arbeit der stationären und ambulanten Hospizdienste bedarf.

 

Diese Rückmeldung ist auch für mich nochmals wichtig, betonte Dagmar Schmidt, weil sie mich in meiner Haltung, die der von Kerstin Griese weitestgehend entspricht, nochmals bestärkt.

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