Mehr Demokratie wagen:                                     Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Freibads

Das altehrwürdige Freibad „Domblick“ muss in absehbarer Zeit saniert werden. Diese Nachricht ist nicht wirklich neu. Schon 2002 ließ der verantwortliche Bäderdezernent, Bürgermeister Klaus Breidsprecher, CDU, eine Sanierungsstudie mit unterschiedlichsten Vorschlägen erarbeiten.


Je nach Variante schwankten die  damals ermittelten Summen zwischen 3,5 Mio. € und 4,3 Mio. €. Diese Beträge sind heute natürlich nicht mehr aktuell.

Inzwischen sind mehr als 10 Jahre vergangen und haben an dem Bad genagt, die Preise und die Steuersätze haben sich verändert. Und zudem hatte man damals keine Sicherheitsmarge einkalkuliert, eine Vorsorge, die gerade bei Sanierungen im Bestand dringend geboten ist. 

Eine von dem Magistrat um Bürgermeister Manfred Wagner (SPD) und Baudezernent Harald Semler (FW) in Auftrag gegebene Studie beziffert den Sanierungsaufwand unter Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen und der Umsatzsteuer inzwischen auf einen Betrag zwischen 6,4 Mio. € und 7,4 Mio. € - je nachdem welche attraktivitätssteigernden Maßnahmen neben dem Nötigsten auf den Weg gebracht werden.

Angesichts der keineswegs auf Rosen gebetteten Finanzausstattung der Stadt, aber auch der vielfältigen Investitionsmaßnahmen, die aktuell und in den kommenden Jahren zur Sicherung und Erweiterung der Wettbewerbsfähigkeit Wetzlars zu tätigen sind, stellt dies eine große Herausforderung dar.

 

„Aus vielen Gesprächen mit der Bürgerinitiative zum Erhalt des Domblickbades weiß ich sehr wohl, dass viele Menschen die Sorge um die Zukunft „ihres“ Bades umtreibt“, so Manfred Wagner, der als Sportdezernent auch für die Wetzlarer Bäder zuständig ist.


Daher unterstreicht Wagner nochmals seine bereits mehrfach getroffene Feststellung, dass das Freibad in seinem jetzigen technischen Zustand über die erforderlichen Genehmigungen verfüge, die bis zum 31. Dezember 2022 Gültigkeit besäßen. So es zu keiner Havarie komme stehe dem Badbetrieb auch in den kommenden Jahren nichts im Wege.

 

Angesichts dieser Ausgangslage hätte der Magistrat dem Verhaltensmuster der früheren CDU-dominierten Stadtregierung folgen, sich zurücklehnen und abwarten können, ob und wie lange die „angestaubte“ Technik im Bad noch ihren Dienst versieht. Folglich hätte sie in der laufenden Kommunalwahlperiode das Thema nicht aufnehmen müssen. Die aktuelle Diskussion wäre ihr „erspart“ geblieben. „Das entspricht aber nicht unserem Verständnis von einer sachangemessenen und verantwortungsbewussten Auseinandersetzung mit dieser Thematik“, stellte Bürgermeister Wagner fest.

 

Daher habe man bewusst die Diskussion mit der im vergangenen Jahr vorgenommenen Vorstellung der Studie begonnen und werde sie nun mit einem breit angelegten Beteiligungsprozess fortsetzen. Bei allem Respekt für das Engagement der Bürgerinitiative um Dieter Franz und den inzwischen eingeholten rund 12.000 Unterschriften von Menschen die für den Erhalt des Bades plädieren bedarf es einer umfassenden und letztendlich repräsentativen Beteiligung der Wetzlarerinnen und Wetzlarer. Schließlich geht es um viel Geld, um nicht zu vernachlässigende jährliche Folgekosten und die Abwägung gegenüber anderen Investitionsvorhaben angesichts eines nicht unbegrenzt zur Verfügung stehenden Investitionsvolumens. Zudem, so merkte Wagner an,  gelte es die Umfeldbedingungen, die durch ein verändertes Freizeitverhalten und in der gesamten Republik rückläufige Besucherzahlen öffentlicher Bäder gekennzeichnet sind, in den Blick zu nehmen. Und hierbei sind alle Wetzlarerinnen und Wetzlarer mitzunehmen, um am Ende für die Entscheidung ein Höchstmaß an Akzeptanz zu erlangen. Dazu wird der Magistrat noch im Mai 2015 mit wissenschaftlicher Begleitung der Bergischen Universität Wuppertal einen breit angelegten Partizipationsprozess starten, der mit einem Bürgergutachten endet. Es beinhaltet Bürgerinformationsabende, qualifizierte schriftliche Befragungen, Einbezug von Sachverständigen, die den Bürgergutachtern Input geben und hat sich im In- und Ausland bewährt.

 

„Bürgerbeteiligung hat auch ihren Preis. So wird dieses Verfahren rund 1% (ca. 79 T€) der im Raum stehenden Investitionssumme kosten“, betonte Wagner. Mit Blick auf eine verlässliche Grundlagenermittlung, die in jedem Fall erfolgen müsste und die zu erwartende Akzeptanz der Ergebnisse ist das Geld nach Ansicht der Stadtkoalition bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Freien Wählergemeinschaft aber gut angelegt. Auch in der Vergangenheit – so z. B. bei der Erarbeitung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes habe man öffentliche Gelder bewusst in die Hand genommen, um die Menschen in Wetzlar gezielt mit auf den Weg zu nehmen.

 

Anderer Meinung waren die Stadtverordnete Angelika Kunkel, FDP, und der CDU-Stadtverordnete Dennis Schneiderat. Nach Ansicht der beiden Mandatsträger seien einzelne Leserbriefe gegen das präferierte Beteiligungsverfahren und der BI vorliegende Unterschriften ein ausreichendes Votum und ein klarer Handlungsauftrag für die Stadtpolitik.

 

 

Freibad: Was Breidsprecher wissen musste und Schneiderat wissen sollte


Klaus Breidsprecher und Dennis Schneidrat, beide CDU, der eine Altbürgermeister, der andere Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters, präsentieren sich als uneingeschränkte Befürworter der Sanierung des Freibades – am heutigen Standort und möglichst kurzfristig. Eine Abwägung mit anderen Investitionsvorhaben scheint ihnen nicht erforderlich. Eine breit angelegte und repräsentative Einbindung der Wetzlarerinnen und Wetzlarer, so wie sie die SPD-geführte Koalition und Bürgermeister Manfred Wagner vorsehen, lehnen sie ab.  Sie vermitteln, so auch in der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten den Eindruck, als sei dies immer so gewesen.

 

Dabei hat Bürgermeister Klaus Breidsprecher mit dem von ihm unzweifelhaft mit vorbereiteten und im Jahr 2005 durch das Parlament beschlossenen Haushaltskonsolidierungskonzept folgenden Satz zu verantworten:

 

„Sofern sich im Freibadbereich aus technischen Gründen erheblicher Investitionsbedarf zeigt, wäre erneut die Prüfung vorzunehmen, ob zu einem vertretbaren Aufwand das vorhandene Hallenbad um einen Freibadbereich ergänzt werden kann.“

 

Angesichts der aktuellen Diskussion war es sicherlich sehr hilfreich, den Herrn Altbürgermeister an seine damalige Haltung zu erinnern und Herrn Schneiderat über die frühere CDU Meinung zu informieren.

 

Recht „schofelig“ behandelt muss sich Oberbürgermeister Wolfram Dette in dem Zusammenhang vorkommen, erklärt doch sein früherer Vertreter Breidsprecher in öffentlicher Runde, dass für die besagte Formulierung alleine der OB als Kämmerer und nicht er als Fachdezernent verantwortlich zeichne.

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